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Vom bib-Studi zum Star-Videografen

Absolvent Jannis Döring

Stell dir vor, du hast das Ziel, einmal im Leben mit deinem absoluten Vorbild zu arbeiten. Und dann stell dir vor, du erreichst dieses Ziel durch Kreativität, Mut und Unternehmergeist. Genau das hat Jannis Döring geschafft, der am bib International College in Hannover Kommunikationsdesign studiert hat. Dies ist seine Geschichte.

Mein Freund Kevin hat mich in der Grundschule gefragt, was ich später werden wolle. Und ich sagte: selbstständig.

So beginnt Jannis Döring, wenn er über seinen Lebensweg erzählt. Die spätere Selbstständigkeit war für ihn nur logisch: Beide Eltern sind selbstständig, seine Mutter als Logopädin, sein Vater als IT-Berater. »Was genau allerdings so eine Selbstständigkeit bedeutete, das wusste ich natürlich damals noch nicht.«

2009 ging Jannis als Austauschschüler in die USA und besuchte eine High School. Da gab es neben den üblichen Fächern auch eine Menge Wahlfächer, unter anderem Kochen, Handwerken, Theater, Programmieren und Fotografieren. »Ich entschied mich für Programmieren und Fotografieren«, erzählt er heute. »Und das hat meinen Horizont unglaublich erweitert. So sehr, dass ich so etwas auch in Deutschland machen wollte.«

Als er dann in Deutschland das Abi in der Tasche hatte, suchte er nach Möglichkeiten, seinen in Amerika entdeckten Leidenschaften irgendwie ein berufliches Fundament zu geben. Er fand lediglich zwei Möglichkeiten in Hannover: die FH und das bib International College. »Letztendlich habe ich mich für das bib entschieden, weil ich hier nach nur zwei Jahren schulischer Ausbildung zum Kommunikationsdesigner noch einmal ins Ausland gehen konnte, nämlich nach Southampton oder nach Dublin. An der FH wäre das zwar prinzipiell auch gegangen, aber ich hätte mich um alles selbst kümmern müssen, ohne Sicherheit, dass das auch klappen würde.«

Kommunikationsdesign am bib International College

Schon während seines Abiturs machte sich Jannis selbstständig und filmte auch während des bib-Studiums Events im Weidendamm und in der Faust – mit seiner eigenen Kameraausrüstung und komplett umsonst. Teilweise legte er sogar noch Geld bei, um überhaupt zu den Partys zu gelangen. Doch ihm ging es zunächst einmal gar nicht um Profite, sondern um Erfahrungen. Zum einen half ihm diese Zeit, Zutritt zur DJ-Szene zu bekommen und ein Netzwerk aufzubauen. Zum anderen konnte er die Ausstattung, die er im Rahmen seiner Ausbildung kostenfrei vom bib bekommen hatte, optimal nutzen: einen Laptop mit der Adobe Creative Suite, die nicht nur die Grafikdesign-Programme Indesign, Illustrator und Photoshop enthielt, sondern auch Premiere und After Effects. Mit diesen Tools schnitt und bearbeitete er die Videos, die er drehte.

Irgendwann bekam er dann mal 50 Euro für eine Arbeit, dann 100, dann 200 und schließlich wurde es immer mehr. »Es fühlt sich gut an, wenn deine Arbeit auch finanziell gewürdigt wird«, sagt Jannis. »Ich war nur ein mittelmäßiger Schüler, weil ich immer den Weg des geringsten Widerstands gegangen bin und nur das gemacht habe, was nötig war, außer natürlich, es hat mir Spaß gemacht – dann hatte ich auch gute Noten. Aber nach meinem Abschluss am bib und noch während meines Studiums in Southampton platzte dann der Knoten.« Er legte sich richtig ins Zeug und bestand 2015 in Southampton mit einem first class honours, was einer 1,0 in Deutschland entspricht.

Während die anderen tagelang in der Bibliothek saßen und lasen, machte ich meine Recherchen da, wo ich mich ohnehin am wohlsten fühlte: in den Clubs der Stadt. Meine Bachelor-Thesis schrieb ich nämlich über Underground House-Musik mit dem Titel Pamper The Crowd — A Housemusic Documentary.

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Glaub an dich!

Noch während seines Studiums in Southampton las er das Buch »Die Gesetze der Gewinner« von Erfolgscoach Bodo Schäfer. Darin fand Jannis die Aufforderung: Leg eine Liste von 10 Persönlichkeiten an, mit denen du arbeiten willst. Jannis setzte eine Person nach ganz oben: den deutschen Fotografen Paul Ripke (https://paulripke.com), der Kunden wie die deutschen Fußball-Nationalmannschaft, Mercedes Benz, die Deutsche Telekom, Hugo Boss und viele andere betreut und mittlerweile in Los Angeles lebte.

Kaum den Bachelor in der Tasche, machte sich Jannis dann richtig selbstständig – nicht mehr nur nebenbei, wie bisher. Er baute sich einen Kundenstamm auf, arbeitete in der Musik- und DJ-Szene und wurde mit guten Umsätzen schon in kurzer Zeit recht erfolgreich. Jannis konnte auf dem im bib Hannover und der Solent University Southampton Gelernten aufbauen und sammelte nicht nur Erfahrungen bei der eigentlichen Arbeit, sondern auch in der Kundenakquise und bei der nötigen Verwaltung seines jungen Unternehmens. Trotz aller Arbeit geriet für ihn nie aus dem Fokus, was er im Buch »Die Gesetze der Gewinner« gelesen hatte.

Knapp zwei Jahre später, Anfang 2017, bei seiner Jahresplanung, veröffentlichte Paul Ripke ein Video, in dem er ankündigte, dass er einen »Mini-Paul« suche, der einige seiner deutschen Kunden übernimmt.

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»Wenn ich mich an den Moment zurückerinnere, muss ich immer wieder schmunzeln«, sagt Jannis. »Ich bin durch meine Wohnung gelaufen, war völlig aufgelöst, habe mich schon in der Rolle des Mini-Pauls gesehen und in meinem Kopf lief schon ein Kopfkino, wie er mich nach LA einlädt, um mit mir zu arbeiten.«

»Ich wurde zum Stalker von Paul Ripke«, lacht er heute. »Ich habe alles über ihn herausgefunden, was irgendwie öffentlich zu finden war. Ich wusste von Instagram, welches Auto er fährt und welches Nummernschild er hat, von seiner Website wusste ich, wo in L.A. sein Büro ist, wie seine Mitarbeiter heißen – alles. Schon ein wenig creepy… Basierend auf dieser Grundlage erstellte ich dann die erste Version des geforderten zweiminütigen Videos.«

Irgendwann in dieser Zeit saß Jannis mit seinem Vater und seinem kleinen Bruder beim Abendessen und erzählte von seinen Plänen. »Ich riss die Klappe auf und sagte: Wenn er mich nicht nimmt, fliege ich persönlich rüber und überzeuge ihn von mir.« Sein damals 15-jähriger Bruder antwortete: »Wieso warten? Wieso fliegst du nicht einfach gleich rüber?«

»Das war so ein bisschen ein Weckruf für mich«, sagt Jannis. Er kratzte all sein Geld zusammen und buchte noch am selben Abend einen Flug nach L.A. und einen Rückflug 14 Tage später ohne zu wissen, was dabei herauskommen würde. »Ein kalkuliertes Risiko«, sagt Jannis. Er überarbeitete das geforderte Video, welches ihn nun beim Kofferpacken zeigte, beim Boarden des Fliegers nach L.A. und endete damit, dass er vor dem Büro von Ripke ankam. Danach folgte eine Zusammenfassung seiner Arbeiten.

Bewerbungsvideo von Jannis Döring bei Paul Ripke

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Als Jannis dann mit Sack und Pack, einer Kamera, mit einem einzigen Objektiv und einem billigen China-Stativ in L.A. vor Ripkes Büro stand, war dessen Jeep natürlich nicht da. Nach 4 Stunden vergeblichem Warten buchte sich Jannis kurzerhand ein Airbnb, lud seine Sachen ab und ging zurück zu Ripkes Büro. »Und jetzt stand der Jeep da. Von einem Moment auf den anderen war ich plötzlich unfassbar nervös«, gesteht Jannis. »Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Das Bewerbungsvideo war zwar so konzipiert, dass er aus dem Fenster gucken sollte und mich dort sitzen sieht. Aber das wäre natürlich der totale Zufall gewesen. Ich musste also handeln. Ich postet eine Instagram-Story und schrieb ›Jo Paul, schau doch mal aus dem Fenster‹. Es vergingen keine 30 Sekunden und ich erhielt eine Antwort: ›Na dann komm doch mal hoch.‹«

Zur richtigen Zeit am richtigen Ort

Und nun saß Jannis tatsächlich bei Paul Ripke – Deutschlands Star-Fotografen, jenem Mann, der ganz oben auf seiner »10 Leute, mit denen ich arbeiten will«-Liste stand. »Die Bewerbungsfrist endet erst in drei Tagen«, sagte Ripke am Schluss des Gesprächs. »So lange wirst du dich noch gedulden müssen.« Er schickte Jannis mit den Worten »Ich melde mich bei dir« nach Hause. »Kurz nachdem ich das Büro verlassen hatte, kam eine SMS mit der Bitte, zurückzukommen, da er einen Job für mich hätte.« – »Ich brauche zwei gut aussehende, durchtrainierte Leute für einen Werbedreh für einen Kunden. Besorg die bitte für mich!« Ripke drückte Jannis 500 Dollar als Honorar für die Models in die Hand.

Jannis latschte quer durch L.A., ging in jedes Fitness-Center, das er auftreiben konnte, flog aber überall wieder raus. Kein Wunder: »Ein unbekannter Typ wedelt mit 500 Dollar herum und faselt irgendetwas von einem Werbedreh. Ich hätte mich auch rausgeschmissen.« Jannis lacht. »In meiner Not landete ich schließlich am Strand. Dort kam mir ein Pärchen entgegen – beide sahen gut aus, beide sehr sportlich, beide sehr glücklich. Ich sagte mir: Die sind es. Die beiden kriege ich!« Und wider Erwarten überzeugter er sie. Pünktlich um 19 Uhr standen sie bei Paul Ripke vor dem Büro.

Ripke grinste Jannis an. »Hol deine Kamera raus. Du drehst.« Dann ging er einfach zurück in sein Büro und ließ ihn allein im kalten Wasser. Jannis Körper wurde von einer Woge von Adrenalin und Dopamin durchflutet: Paul Ripke hatte ihn gerade beauftragt, für ihn zu arbeiten. Eigenverantwortlich. Und Jannis drehte. Kaum war das Material abgedreht, sagte Ripke: »Du schneidest.« Und Jannis schnitt. Lediglich das Color Grading und die Finalisierung des Clips erledigten die beiden gemeinsam. Und dann nahm der Kunde den Film ab.

Das Ergebnis lässt sich sehen:

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Viele Leute sagen mir jetzt immer: Du warst halt zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Ja, das stimmt. Aber wenn ich nicht vorher jahrelang hart an meinen Fähigkeiten und Fertigkeiten gearbeitet hätte, um zu genau dieser Zeit an genau diesem Ort all das nötige Können zu haben, hätte mir Glück alleine auch nichts gebracht. Deshalb ist mein Rat an alle, die sich selbstständig machen wollen: Glück kannst du dir erarbeiten. Je härter du arbeitest, desto mehr Glück hast du. Und bereite dich gründlichst vor.

Schließlich ging es endlich um den Auftrag, wegen dem Jannis überhaupt in L.A. war – die Bewerbungsfrist war vorbei. Insgesamt waren rund 1.500 Video-Bewerbungen eingegangen. Und Ripke sagte zu Jannis: »Es geht darum, den Rapper Marteria auf seiner Tour zu begleiten und Fotos und Videos zu machen.«

»In diesem Moment wurde mir schnell klar, dass ich nicht der richtige für den Job bin«, erinnert sich Jannis. »Denn ich lebe keinen Rap. Das wäre nicht authentisch. Nicht richtig. Es würde nicht passen.« Auch Paul Ripke sah das so. Und so wurde nicht Jannis zum »Mini-Paul«, sondern jemand anders.

Der Weg ist das Ziel

»Irgendwie fühlte es sich nicht so an wie erwartet. Ich war weder enttäuscht noch traurig, noch hatte ich das Bedürfnis, Paul doch noch davon zu überzeugen, der Richtige zu sein. Denn zum einen habe ich gelernt, dass es bei Künstlerbegleitungen um die Persönlichkeit geht, und nicht um die Skills. Und zum anderen, dass es nicht immer das angestrebte Ziel ist, was einen befriedigt, sondern der Weg dahin. Mir wurde klar, dass mein eigentliches Ziel war, mir und allen anderen zu beweisen, es zu schaffen, mit Paul Ripke in Los Angeles zu arbeiten und seinen Qualitätsansprüchen gerecht zu werden.«

Als Ripke am nächsten Tag abreiste, um die Formel 1 zu begleiten, arbeitet Jannis noch eine weitere Woche für den Kunden, für den er den ersten Clip drehte. Während dieser Zeit bekam er mit, dass der Musikproduzent und DJ Frans Zimmer, besser bekannt unter seinem Bühnennamen »Alle Farben«, durch die USA tourte und ebenfalls in Los Angeles war. Jannis sah die Chance, mit einem weiteren Künstler zu arbeiten und schrieb seinem Management um 03:54 Uhr morgens eine Mail, in der er fragte, ob er einen Gig von ihm mit Foto und Videoaufnahmen begleiten dürfe. Nur so zum Spaß und ganz ohne Bezahlung. Was Jannis nicht wusste, war, dass genau zu dieser Zeit in Deutschland, um 13:54 Uhr, das komplette Alle-Farben-Team samt Management und Sony-Chef in Berlin in einem Konferenzraum tagte und sich aufgrund der hohen Produktionskosten eigentlich gerade dagegen entschieden hatte, das Musikvideo für die neue Single »Little Hollywood« in Los Angeles drehen zu lassen. Und es kam, wie es kommen musste. Jannis bekam am nächsten Morgen einen Anruf mit der Frage, ob er sich vorstellen könnte, noch eine weitere Woche in den Staaten zu bleiben und das neue Musikvideo für Alle Farben zu drehen.

So kam Jannis dazu, ein Musikvideo in L.A. und Las Vegas für einen prominenten Künstler zu drehen. Jannis‘ Videomaterial überzeugte das Management – allerdings mit einem Haken: Der wichtige Schnitt sollte von jemand anders gemacht werden. Doch Jannis widersprach: »Niemand war beim Dreh so nah dabei wie ich. Niemand außer mir weiß, wie wir uns dabei gefühlt haben. Niemand außer mir kann die Stimmung so gut wie ich wiedergeben. Nur ich kann dieses Video auch so schneiden, dass es das Gefühl widerspiegelt, das beim Dreh vorhanden war.« Berlin zögerte. Konnte das dieser junge, unbekannte Fotograf überhaupt, der da so plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht war? »Natürlich hatte ich das Video schon in den Nächten des Videodrehs fertig geschnitten«, grinst Jannis heute. Und als er es dem Management vorlegte, wurde es mit nur wenigen Eingriffen übernommen und veröffentlicht.

Und hier ist es:

Alle Farben mit »Little Hollywood«, directed by Jannis Döring

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Wie der Dreh zum Video lief und was Frans Zimmer von Jannis‘ Arbeit hält, das kann Frans am besten selbst erzählen:

Frans Zimmer, aka »Alle Farben«, über den Videodreh zu »Little Hollywood«

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»Frans hat mich kurze Zeit später nach Berlin eingeladen und mir gesagt, dass es in den letzten 10 Jahren noch niemanden gab, der ihn so authentisch und echt eingefangen hat. ›Hättest du Lust, mich auf meiner Tour dieses Jahr zu begleiten?‹« fragte er. »Und seitdem bin ich mit ihm auf Tour. Ich fotografiere und filme ihn und das Tour-Leben. Mittlerweile bin ich auch sein Designer und manage zudem noch seine Social-Media-Channels. Es ist einfach geil. Der Grund, wieso ich aktuell nicht Marteria begleite, ist derselbe, wieso ich Frans begleite. Es passt einfach!«

Neben diesem Engagement für Alle Farben arbeitet Jannis auch für andere Kunden; eine Auswahl seiner Arbeiten findet sich auf seiner Website http://jannisdoering.de/. Und nun ist er dabei, sein Unternehmen zu erweitern; er arbeitet bereits jetzt mit einem festen freien Mitarbeiter zusammen, um die Anfragen und Aufträge abzuarbeiten. Weitere Expansion ist in Planung.

Interview, Fotos und Text: Gero Pflüger und Jannis Döring

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